STAATSSEKRETÄRIN
AYSE ASAR
EIN FEATURE IM RAHMEN DES PROJEKTES
WWW.MEHR-INTEGRATION-GEHT-NICHT.DE
Autorin des Beitrages: Katja Peteratzinger

„Assimilation verlangt vollständige Anpassung
Integration dagegen nutzt sinnvoll individuelle Hintergründe.“
Das erste Zusammentreffen mit Ayse Asar ist offen und unprätentiös. Wir sitzen wartend vor ihrem Büro, als sie plötzlich die Tür öffnet und uns genau zur vereinbarten Uhrzeit hereinbittet. Ein warmer Empfang ist es. Kaffee und Wasser reicht sie uns höchstpersönlich und schon geht es mitten hinein in einen sehr interessanten und munteren Austausch. – Keine Wartezeiten, keine Allüren, keine unnötigen Gesprächsbarrieren auf Seiten der sympathischen 46-jährigen Volljuristin. Nur Freundlichkeit, Natürlichkeit und Lust auf das Interview. Herrlich!
Das Thema ist ihre persönliche Erfolgsgeschichte. Dies und wie sie es geschafft hat dort zu sein, wo sie heute ist und was das alles mit Diversität und Integration zu tun hat. – Der Erfolg wurde ihr nicht wie selbstverständlich in die Wiege gelegt. Sie musste kämpfen als Mädchen und Frau und sich behaupten als native German und zugleich Mensch mit türkischen Wurzeln. Beim Thema „Kampf“ geht es ihr, dies stellt sie deutlich heraus, nicht um fehlende Gleichbehandlung oder Benachteiligung für sie und andere. Beides sei – ebenso wie Chancengleichheit – selbstverständlich auch sehr wichtig, sagt sie. „Mir persönlich geht es hier aber mehr um den grundsätzlichen, gesamtgesellschaftlichen Nutzen von Diversität und Integration und um die Tatsache, dass diese in einer globalen Welt nur Vorteile bringt“. Diversität heißt Vielfalt und ist für die Gesellschaft ein sehr hohes Gut, davon ist Ayse Asar überzeugt. „Sich die verschiedenen Herkünfte, Sprachkompetenzen und kulturellen Besonderheiten der Menschen zunutze zu machen, das ist von unschätzbarem Wert und kann und wird unsere Gesellschaft immer weiter nach vorne bringen“, sagt Ayse Asar.
AYSE ASAR
Staatssekretärin
im hessischen Ministerium
für Wissenschaft und Kunst
„Sich die verschiedenen Herkünfte, Sprachkompetenzen und kulturellen Besonderheiten der Menschen zu Nutze zu machen, das ist von unschätzbarem Wert und kann und wird unsere Gesellschaft immer weiter nach vorne bringen.“

Ich fragte sie was sie tun würde, um Diversität und Integration in Deutschland zu verbessern oder zu ermöglichen, wenn sie Bundeskanzlerin wäre und ihre Antwort kam prompt: Bildung, Bildung und nochmal Bildung.
Und das kommt aus berufenem Munde, denn Ayse Asar ist als ehemalige Kanzlerin der Hochschule Rhein-Main und Vizekanzlerin der Johann- Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt ausgewiesene Expertin im Hochschulsektor. Die Integration von Flüchtlingen an Hochschulen sei eine Kernaufgabe. Die Basis dafür bildet das Erlernen von Sprache. „Die Beherrschung der deutschen Sprache ist die Basis vom Ganzen“, sagt sie. „Integration ohne gute Beherrschung der Landessprache scheitert.“ Auch die Abbrecherquoten müssten unbedingt gesenkt werden um positive Integration zu ermöglichen. Gerade unter Arbeiterkindern an Hochschulen sei diese Zahl noch immer viel zu hoch und dies sei eben nicht dem kulturellen, sondern vielmehr dem sozialen Hin tergrund des Personenkreises geschuldet. „Es ist wissenschaftlich belegt, dass studierende Arbeiterkinder oft keine Vorbilder in der eigenen Familie haben und nicht selten der oder die einzige in der Familie sind, die studieren und eine akademische Laufbahn in Angriff nehmen. Sie stehen eben allein und wissen oft nicht, wie eine Hochschule funktioniert und wie man dort lernen muss“, sagt Ayse Asar.
Ich kann ihre Sicht sehr gut nachvollziehen, da ich zum selben Personenkreis gehöre. Deshalb bohre ich noch etwas nach und Ayse Asar spricht von ihren eigenen Erfahrungen: „Ich weiß es selber, ich wollte ins Ausland, ich hab ja dann in England studiert. Ich kannte niemanden der im Ausland studiert hatte und wenn sie dann die/der erste sind die so etwas machen möchte und es gibt einfach keine Vorbilder, niemanden der Ihnen diesen Weg aufzeigen konnte, niemanden der ihnen helfen kann. Das ist dann schon eine echte Barriere. Es ist ein ganz anderer Erfahrungshorizont als wenn ich selbst heute meinen Kindern sagen kann, ihr habt die Möglichkeit und ich die finanziellen Mittel. Also los. Das ist doch eine ganz andere Ausgangsbasis fürs Leben.“ – Nicht jeder müsse studieren, sagt sie noch, aber es sei enorm wichtig, dass wir alles daran setzten, dass diejenigen, die in die Hochschulen kommen auch erfolgreich seien.
Sehr am Herzen liegt es ihr im Kontext unsres Gesprächsthemas den Unterschied zwischen Integration und Assimilation klarzumachen. Bei Assimilation geht es um vollständige Anpassung an eine aufnehmende Gesellschaft und das würde bedeuten, dass jemand seinen Hintergrund und seine kulturellen Wurzeln komplett verleugnen müsse um dazuzugehören. Es würde auch bedeuten, dass individuelle Sprach- und kulturelle Kompetenzen, die Menschen durch ihre Herkunft ja mitbrächten, nicht optimal genutzt werden würden, erläutert Asar. Warum haben viele Mitbürger also die Vorstellung, dass Menschen erst dann richtig integriert seien, wenn sie sich vollständig angepasst hätten, fragt sie. Das sei doch verschenktes Potential. Aber vieles habe sich auch bereits gewandelt in der Zwischenzeit. Es gäbe schon sehr viele interkulturelle Familien – in den Städten mehr als im ländlichen Raum. Und es wird sich weiter verändern, meint Asar. „Dass jemand total abgegrenzt in seiner Blase lebt, das wird sicherlich immer seltener“, sagt sie lächelnd.

Keine Wartezeiten, keine Allüren, keine unnötigen Gesprächsbarrieren auf Seiten der sympathischen 46-jährigen Volljuristin Ayse Asar.
Nur Freundlichkeit, Natürlichkeit und Lust auf dieses Interview.
„Warum bloß haben so viele Mitbürger die Vorstellung,
dass Menschen erst dann richtig integriert seien,
wenn sie sich vollständig angepasst hätten?“
Integration ist insofern ein sehr wichtiger Faktor auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Gerade heute und vor allem in der Pandemie sei das so. Asar glaubt, dass wir die Folgen noch lange spüren werden. „Wir werden viele Verlierer haben. Die Liste der gesellschaftlichen Herausforderungen ist lang“, sagt sie. Die wichtigsten Fragestellungen lauten aus ihrer Sicht: „Wie bekommen wir die Menschen wieder zusammen?“ „Wie erreichen wir es, dass alle (wieder) miteinander reden?“ „Hierauf sollten wir uns fokussieren, hier unsere Schwerpunkte setzen“, sagt die Staatssekretärin.
Ayse Asar ist Deutsche. Sie spricht außerdem fließend türkisch und englisch. Sie wurde 1975 in Bad Schwalbach geboren, ist in Idstein aufgewachsen (beides Rheingau-Taunus-Kreis) und lebt seit Jahren in Bad Camberg, u.a. weil ihre Eltern sich dort ein Haus gekauft hatten. Zwischenstationen waren Köln und das Ausland. Sie war lange in England und lernte dort auch ihren Mann kennen. Sie ist verheiratet und Mutter zweier Kinder. Sie wohnt in der Kurstadt Bad Camberg und pendelt von dort aus nach Wiesbaden ins Ministerium. Sie hat sich für Bad Camberg entschieden um in der Nähe der Eltern sein zu können und schätzt an der Region die wunderschöne Natur direkt vor der Haustür und die hervorragende Erreichbarkeit der Metropolregionen Rhein-Main und Köln-Bonn. Gefragt danach, für welches Land, welchen Ort oder welche Region sie sich entscheiden würde um dort zu leben, wenn sonstige Umstände keine Rolle spielten, antwortete Asar, sie sei glücklich so wie es jetzt sei. „Im Ruhestand würde ich vielleicht etwas mehr Zeit an der Ägäis verbringen. Mein Lebensmittelpunkt bleibt aber der Taunus“, sagt sie.
„Im Ruhestand werde ich vielleicht etwas mehr Zeit an der Ägäis verbringen.
Mein Lebensmittelpunkt bleibt aber der Taunus.“
Die Liste der Hobbys fällt bei Ayse Asars aktueller Tätigkeit naturgemäß nicht besonders lang aus. Die Vorsitzende des Kulturausschusses des Kulturfonds Frankfurt Rhein-Main und stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Hessischen Kulturstiftung nennt aber „Internationale Literatur“ als eine ihrer Leidenschaften. Ihr Lieblingsbuch ist „One Hundred Years of Solitude“ von Gabriel Garcia Márquez. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten damit, Ausflüge mit den Kindern zu unternehmen, sich bei Familientreffen einzubringen und eben schöne Romane in deutscher, türkischer und englischer Sprache zu lesen.

Brunnen in der Bad Camberger Altstadt.

Die Staatssekretärin und Vorsitzende des Kulturausschusses des Kulturfonds Frankfurt Rhein-Main und stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Hessischen Kulturstiftung an ihrem Schreibtisch in ihrem Wiesbadener Büro.
„Wenn Sie etwas für die Entwicklung der Region in der Sie leben und arbeiten tun könnten, was wäre das“, lautet meine abschließende Frage. Sie holt tief Luft und sagt dann: „Die Innenstädte sind schon sehr traurig. Wir sollten versuchen dort mehr Attraktivität herzustellen, weil sie sind ja wunderschön. Die Bad Camberger Altstadt ist wunderbar, droht aber immer mehr zu veröden. Wie die anderer Städte auch“, sagt Asar. Da müsse man ihrer Meinung nach mal konzeptionell ran, ebenso wie auch auf der Ebene des Landes Hessen. Hier gäbe es sehr viel historisches Erbe und das sei ihrer Meinung nach auch so ein wichtiger Punkt, dies sichtbarer zu machen und tatsächlich auch touristisch weiter und besser zu erschließen.
Text: Katja Peteratzinger, Peteratzinger-Publishing Marketing & Medien
Fotos: Eckhard Krumpholz, Photos Subjektiv, Limburg
Eine sehr engagierte Ayse Asar im Interview mit Katja Peteratzinger für diese Reportage im Rahmen der Serie www.mehr-integration-geht-nicht.de in ihrem Büro im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst in Wiesbaden.

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Interviewserie in Kooperation mit dem Integrationsbeirat Limburg-Weilburg
Hier: Ayse Asar, Wiesbaden/Bad Camberg
Begleitet durch seine Geschäftsstelle
Landkreis Limburg-Weilburg – Körperschaft des öffenlichen Rechts –
Der Kreisausschuss des Landreises Limburg-Weilburg
Geschäftsführung Integrationsbeirat im Kreissozialamt
Schiede 43, 65549 Limburg
Telefon: 06431 – 296 0
integrationsbeirat@limburg-weilburg.de
www.landkreis-limburg-weilburg.de
